Diversity in der Personalauswahl
Die proaktive Nutzung von sozialer und kultureller Vielfalt beginnt schon bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter. Um die Zugangschancen von Migranten zu erhöhen, ist es nicht ausreichend eine Quotenregelung zu erfüllen. Vielmehr ist es wichtig, qualifizierte und auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle passende Mitarbeiter einzustellen.
Das Problem der diversitygerechten Personalauswahl ist, dass berufliche Anforderungen valide und individuell gemessen werden sollen,auf der anderen Seite jedoch relevante Anforderungsmerkmale oft starke Diskriminatoren zwischen Deutschen und Migrationsbewerbern darstellen, wie z.B. sprachliche Fähigkeiten oder kulturelle Unterschiede hinsichtlich Werte und Normen. Das Ziel und die Herausforderung bei der Personalauswahl ist es daher, ein gleichermaßen faires und hochqualitatives Verfahren zu entwickeln.
FAIRNESS – das bedeutet, einen Kandidaten nicht aufgrund ethnischer, soziokultureller oder geschlechtsspezifischer Gruppenzugehörigkeit systematisch zu benachteiligen. Doch das ist einfacher gesagt als getan, denn vor allem die Sprachlastigkeit diagnostischer Eignungsverfahren benachteiligt Personen mit eingeschränktem Sprachverständnis sehr. Bei gänzlich sprachfreien Tests besteht allerdings das Risiko, eventuell relevante Anforderungsmerkmale zu vernachlässigen, sodass der Test gravierend an Messgenauigkeit und somit Zuverlässigkeit verlieren würde.
Entscheidend ist, dass die Auswahl geeigneter Testverfahren erst nach detaillierter Kenntnis der berufserfolgsrelevanten Anforderungen getroffen werden sollte. Zunächst wird ein Anforderungsprofil für die jeweilig zu besetzende Stelle erstellt, indem Merkmale, Eigenschaften und Fähigkeiten, die für das erfolgreiche Ausüben der Tätigkeit notwendig sind aufgelistet und definiert werden. Nachdem die Anforderungen klar sind, wird über die einzusetzenden Auswahlverfahren entschieden. Jede einzelne Anforderung sollte durch mindestens ein Verfahren erfasst werden. Die Anforderungsanalyse steht somit am Anfang der Personalauswahl und ist von entscheidender Bedeutung, da sie gleichzeitig Informationen über den Personalentwicklungsbedarf der aktuellen Belegschaft liefert.
Der Bewerbungsprozess
Um Diversity von den ersten Schritten der Personalauswahl an zu betreiben, greifen viele, vor allem große Firmen auf diskriminierungsarme Bewerbungsprozesse durch integriertes E-Recruiting zurück. Der Prozess beginnt mit der Weiterleitung der Bewerber von der Bewerbungsseite des Unternehmens zum eigentlichen Bewerbungsprozess und dem Anlegen eines Bewerberdatensatzes. Anschließend werden im Personalfragebogen automatisch und ohne Selektion anforderungsrelevante Merkmale erhoben (das Unternehmen selbst entscheidet über Details & Feinheiten). Allgemeine Anforderungsmerkmale an Bewerber um die Diversity-Kultur in einem Unternehmen aufrecht zu erhalten sind z.B. Aufgeschlossenheit, Lernbereitschaft, Konfliktfähigkeit und vor allem soziale Kompetenz. Die Bewertung des Personalfragebogens erfolgt vollautomatisch unabhängig von der kulturellen Zugehörigkeit des Bewerbers. Stimmt das Profil mit den anforderungsrelevanten Merkmalen der Position überein, erfolgt die Einladung zur nächsten Auswahlstufe: dem Online-Test. Dadurch erfolgt eine Negativ-Auswahl, d.h. ungeeignete Bewerber scheiden aus, geeignete werden zum persönlichen Interview eingeladen. Diese Testdurchführung vor Ort (meist ein standardisiertes Interviewverfahren) ist nötig, um Bewerber auszuschließen, die den Online-Test durch Manipulation oder Unterstützung Dritter bewältigt haben.
Allgemein ist ein multimethodales Vorgehen bei der Personalauswahl unverzichtbar, denn ein hoch valides Verfahren vereint die drei unterschiedlichen Ansätze der Personaldiagnostik (biografischer Ansatz, Eigenschaftsansatz, Simulations-Ansatz) und hebt so die Nachteile der einzelnen auf. Somit ist es möglich von bisherigen Leistungen auf zukünftige zu schließen, gleichzeitig berufserfolgrelevante Persönlichkeitseigenschaften zu identifizieren und durch Verhaltensbeobachtungen auf aktuelle Fähigkeiten des Bewerbers zu schließen.
Deshalb gehört das Multimodale Interview (MMI) als teilstandardisiertes Interview aktuell zu den beliebtesten Personalauswahlinstrumenten- sowohl seitens der Bewerber als auch der Personaler.
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